Letztes Kohlekraftwerk Grossbritanniens macht dicht

Das Vereinigte Königreich gilt als Geburtsort der Kohleverstromung. Doch diese Ära ist dort nun vorbei. Nach mehr als 140 Jahren stellt Grossbritannien die Stromerzeugung aus Kohle ein. Im letzten verbliebenen Kohlekraftwerk Ratcliffe-on-Soar endet an diesem Montag endgültig der Betrieb. Spätestens im Jahr 2030 will das Vereinigte Königreich sämtlichen Strom CO2-frei produzieren, bis 2050 soll es komplett klimaneutral sein.

Einst das Rückgrat der Energieerzeugung

Das Zeitalter der Kohle hatte in Grossbritannien 1882 begonnen. Damals eröffnete das erste Kohlekraftwerk der Welt mitten in London. Die industrielle Revolution im 18. und 19. Jahrhundert wurde massgeblich mit Kohle angetrieben. In den 1980er Jahren lag der Anteil des schmutzigen Rohstoffs an der Stromerzeugung noch bei 70 Prozent. Doch seither ging es für die Kohle bergab. 2023 betrug ihr Anteil am britischen Energiemix lediglich 1,3 Prozent.

Mit dem Abschied von der Kohle steht Grossbritannien in der Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G7) vorerst allein da: Die USA und Japan haben bisher gar kein Ausstiegsdatum festgelegt. In Italien wird das Kohle-Aus immerhin schon für nächstes Jahr angestrebt, in Frankreich für 2027. Kanada will 2030 so weit sein. In Deutschland ist der Kohleausstieg bislang auf spätestens 2038 terminiert, wobei sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP vorgenommen hat, das Datum «idealerweise» auf 2030 vorzuziehen.

Grossbritannien schliesst alle Atomkraftwerke bis 2028 – nur Sizewell B bleibt erhalten

Nach der Schliessung des letzten Kohlekraftwerks werden bis 2028 auch fast alle alten Atomkraftwerke abgeschaltet. Geplant ist nach dem aktuellen Stand die Stilllegung von insgesamt acht britischen Atomkraftwerken. Die Stromerzeugung in Großbritannien erreichte 2023 insgesamt 310 Mrd. kWh, davon entfielen 37,3 Mrd. kWh auf Atomkraftwerke, aber bereits 82,3 Mrd. kWh auf die Windenergie. Großbritannien setzt trotz der Abschaltungswelle alter Atomkraftwerke nach dem derzeitigen Stand auch weiterhin auf die Kernenergie. Doch der Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C verzögert sich und wird teurer.

Energieversorgung der Zukunft basiert auf Erneuerbaren Energien

«Die Kohleära mag zwar enden, aber ein neues Zeitalter guter Arbeitsplätze im Energiesektor beginnt jetzt erst für unser Land», sagte Energie-Staatssekretär Michael Shanks. Grossbritannien solle «eine Supermacht im Bereich saubere Energie» werden, betonte der Politiker der sozialdemokratischen Labour-Partei, die seit knapp drei Monaten die Regierung stellt. Diese hatte im Juli ihre Pläne für die Energiepolitik des Landes vorgestellt. Demnach soll insbesondere in Windkraftanlagen an See, Gezeitenkraftwerke und Atomkraftwerke investiert werden.

In Zukunft steht zur Erreichung des Netto-Null-Emissionsziels auch in Großbritannien der massive Ausbau der Erneuerbaren Energien auf dem Programm. Laut einem Bericht der Financial Times (04.09.2024) wird in der Projektion der Anteil der Erneuerbaren Energien in Großbritannien bis 2050 danach auf 83 Prozent ansteigen.

Die nächsten Ausbauziele in Großbritannien beziehen sich auf das Jahr 2030. Bis dahin soll z.B. die britische Offshore Windenergie auf eine Leistung von bis zu 50’000 MW ausgebaut werden. Ende 2023 waren in Großbritannien Offshore Windkraftanlagen mit einer Leistung von knapp 15’000 MW in Betrieb.

Quellen: Deutsche Welle / Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien

Das Letzte seiner Art in Grossbritannien: Kohlekraftwerk Ratcliffe-on-Soar bei Nottingham. Bild: Rui Vieira/AP/picture alliance