Das Bundesgericht hat sein Urteil sistiert, mit dem es Beschwerden gegen den Bau eines Windparks auf der Montagne de Tramelan vor einem Jahr abgelehnt hatte. Der Grund: Ein Anwohner beantragte eine Revision, weil sich in seinem Haus Fledermäuse der gefährdeten Art Langohr niedergelassen hätten.
Das muss nun neu beurteilt werden. Für mindestens ein bis zwei Jahre wird der Windpark auf dem Mont Crosin bei Saint-Imier der Einzige der BKW in der Schweiz bleiben.
Süditalien ist berechenbarer als die Schweiz
Auch in Italien gebe es Mitsprachemöglichkeiten, sagt der BKW-Chef, aber die Verfahren liefen hier parallel zu einer Gesamtbewilligung und nicht nacheinander wie in der Schweiz, wo gegen jeden einzelnen Schritt Beschwerden über alle Instanzen geführt werden könnten. Das dauere je nachdem Jahrzehnte, obwohl wie in Tramelan die Bevölkerung klar Ja gesagt habe.
«Das Hauptproblem in der Schweiz ist, dass wir daran gehindert werden, Windparks zu realisieren, indem diese immer und immer wieder wegen Einzelpersonen oder kleinen Organisationen sehr stark verzögert werden», sagt Robert Itschner.
Ein wesentlicher Unterschied ist auch, dass in der Schweiz genau spezifiziert werden muss, welche Anlage gebaut wird. In anderen Ländern wie Italien dagegen sind die Bewilligungen unabhängig vom Turbinentyp. Definiert werden zwar die Masthöhe, die Lärmemissionen und so weiter, aber welche Technologie von welchem Hersteller verbaut wird, das wird offengelassen.
Anlagen zur Not auf Lager gekauft
«So können wir jeweils die neuesten, leistungsfähigsten Technologien einsetzen», sagt Itschner. Beim nun erneut verzögerten Windpark in Tramelan hat die BKW inzwischen für die sieben geplanten Windturbinen die technischen Anlagen gekauft, weil der bewilligte Typ bald nicht mehr hergestellt wird.
Nicht nur in Italien geht es schneller als in der Schweiz, Windparks zu bauen, sondern auch in Frankreich und Deutschland. «Die EU als Bürokratiemonster ist im Windbereich ein Mythos. Die Schweiz ist hier die unrühmliche Ausnahme», sagt der BKW-Chef.
Es gibt auch in Italien Windkraftgegnerinnen, Bürgerbewegungen und Umweltschutzverbände, die sich gegen den Bau der riesigen Windräder wehren. Die Regionalregierung von Sardinien schob im Juli dem geplanten Bau von Windparks und Solarkraftwerken auf der Mittelmeerinsel den Riegel, indem sie für eineinhalb Jahre ein Moratorium eingeführt hat.
In Apulien stehen dagegen bereits Hunderte Windturbinen zahlreicher Betreiber. Die Hochebene im Landesinneren und in der benachbarten Region Basilikata ist dünn besiedelt, windreich, aber wirtschaftlich arm. Für Weidelandwirtschaft oder Gemüseanbau ist es oft zu trocken, die Sommer werden heisser.
Landeigentümer und Gemeinden profitieren
Windkraftwerke sind willkommener Erntenersatz: Die Landeigentümer von Turbinenstandorten erhalten als Vergütung pro Anlage und Jahr zwischen 10’000 und 15’000 Euro. Auch Wegrechte für die Verlegung der Starkstromkabel werden vergütet.
Hinzu kommen Abgaben für die Gemeinden, mit denen lokale Nachhaltigkeitsprojekte unterstützt werden sollen. Und die Windparks brächten Arbeitsplätze, sagt Margarita Aleksieva. Sie leitet das Wind- und Solargeschäft der BKW mit inzwischen rund 130 Beschäftigten.
Alle Windkraftanlagen der BKW, auch jene auf dem Mont Crosin, werden von der Zentrale in Troia im Norden Apuliens aus gesteuert. Hier werden auch mit den Windprognosen die Produktionsmengen abgeschätzt.
Gibt es einmal eine Störung, könne in den meisten Fällen das System der Turbine gebootet werden, ohne dass ein Techniker ausrücken muss, sagt Aleksieva. Halbjährlich werde jede Turbine gewartet. Unter der Marke Arowya bietet die BKW solche Servicedienstleistungen auch anderen Windkraftbetreibern an.
Was aber bringt es den Schweizer Monopolkunden, wenn die mehrheitlich dem Kanton Bern gehörende BKW im Ausland Kraftwerke baut und «ein führender Anbieter von erneuerbaren Energien in Europa» sein will? Die Schweiz sei keine Strominsel, sagt Konzernchef Robert Itschner, sondern die Stromnetze seien eng verflochten. «Wenn unsere Nachbarländer genügend Strom haben, so hat auch die Schweiz genügend Strom.»
Mehr Winterstrom
Deshalb würden die Investitionen der BKW in italienische Windanlagen mithelfen, dass die Kundinnen und Kunden in der Schweizer Grundversorgung jederzeit Strom haben. «Zudem braucht die BKW die Erlöse aus dem Ausland, um die Investitionen in die Erneuerbaren im Inland zu finanzieren.»
Und Windstrom ist inzwischen eine der günstigsten Energiequellen, finanziell attraktiv für die Produzenten, insbesondere wenn Förderbeiträge fliessen. In Italien gibt es in vielen Fällen staatliche Mindestvergütungen.
Robert Itschner ist überzeugt, dass Windenergie eine wichtige Rolle spielt für die Energiewende, auch in der Schweiz: «Es ist eine optimale Übergangstechnologie, insbesondere um die Winterstromlücke zu schliessen, fallen doch 60 bis 70 Prozent ihrer Stromproduktion im Winterhalbjahr an.»
Während der Solarexpress stockt, forciert der BKW-Chef die Windkraft, die aus dem Fokus gerückt ist: «Windenergie ist eine sehr gute Option, die wir auch in der Schweiz nutzen sollten.» Die Technik habe sich sehr stark weiterentwickelt, Windturbinen seien viel effizienter geworden, produzierten mehr Strom und seien noch leiser als früher.
Windturbinen sind schnell aufgestellt und inzwischen eine der billigsten Energiequellen. Aber sie stechen ins Auge. «Natürlich sind Windturbinen sichtbar», räumt Itschner ein. «Der Eingriff in die Landschaft ist aber aus meiner Sicht klein, der Landverschleiss minim im Vergleich mit anderen Technologien.»
Quelle: Berner Oberländer
Margarita Aleksieva leitet das Wind- und Solargeschäft der BKW, das mittlerweile in sechs Ländern aktiv ist. Bild: Oliver Oettli/BKW